Polyvinylchlorid, kurz PVC, ist ein sehr wichtiger thermoplastischer Kunststoff. Er wird in vielen Branchen für industrielle und professionelle Anwendungen genutzt.
Doch auch im Privathaushalt leistet der Thermoplast hilfreiche Dienste.
Inhalt:
Alltäglicher Kunststoff mit hohem Nutzwert
PVC gehört zu den Kunststoffen, denen wir ständig begegnen. So zum Beispiel als Fußbodenbelag, als Kabel, als Schlauch im Garten oder als Profil am Fenster.
Gemessen an der gesamten Produktionsmenge weltweit, ist PVC nach Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) der drittwichtigste Kunststoff. Der größte Abnehmer ist die Baubranche. Doch auch andere Sektoren wie die Verpackungsindustrie, die Elektrobranche, der Automobilbau, die Landwirtschaft oder die Medizintechnik nutzen Produkte aus diesem Kunststoff.
Langlebigkeit, Korrosionsbeständigkeit, Beständigkeit gegenüber vielen Chemikalien und die Möglichkeit, PVC-Produkte sowohl im Innen- als auch im Außenbereich einzusetzen, machen den Werkstoff für die Industrie äußerst attraktiv.
Herstellung im großen Stil
Bereits im Jahr 1835 stellte Henri Victor Regnault PVC erstmals dar. Der französische Chemiker hatte zuvor Vinylchlorid entdeckt. Er ließ ein Reagenzglas mit Vinylchlorid in der Sonne stehen, woraufhin ein weißes Pulver entstand. Damit war Polyvinylchlorid geboren. Der Chemiker befasste sich allerdings nicht weiter damit.
Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts griff der Chemiker Fritz Klatte den Kunststoff wieder auf. Er führte Regnaults Arbeiten weiter und meldete die Synthese von PVC zum Patent an. Für das Hart-PVC, das durch die Anbindung von Chlorwasserstoff an Acetylen und die anschließende Polymerisation gewonnen wurde, fehlte es aber zunächst an sinnvollen Verwendungen.
Das sollte sich ändern, als es der BASF um 1935 gelang, Hart-PVC zu plastifizieren. Nun war es möglich, einen technisch verwertbaren Kunststoff zu produzieren.
Damit fiel der Startschuss für die industrielle Herstellung von Produkten wie Folien, Rohren und Schläuchen aus PVC. Nach Kriegsende nahm die Produktion stetig zu und PVC entwickelte sich zu einem der meistproduzierten Kunststoffe überhaupt.
Drei Herstellungsverfahren für PVC
Um den Thermoplast PVC herzustellen, gibt es drei mögliche Verfahren. Eine sehr schonende Methode ist die Emulsionspolymerisation in wässriger Lösung. Dabei wird das wasserunlösliche Vinylchlorid in der Lösung gehalten, indem Emulgatoren zugesetzt werden.
Die Zugabe von Initiatoren setzt dann die Polymerisation als Reaktion in Gang. PVC-Polymere, die mit diesem Verfahren gewonnen werden, kommen hauptsächlich für Pasten und Klebemittel zum Einsatz.
Bei der Fällungspolymerisation wird der unverdünnten Vinylchlorid-Lösung ein Radikalstarter zugesetzt. Daraufhin fällt das Polymer als Feststoff in Pulverform aus. PVC aus diesem Herstellungsverfahren hat eine sehr hohe Reinheit.
Die Eigenschaften von PVC
In seinem Ausgangszustand ist PVC amorph und spröde. Außerdem zersetzt sich der Kunststoff schon unterhalb seiner Schmelztemperatur und ist deshalb schlecht zu verarbeiten. Um zu vermeiden, dass es während der Verarbeitung zu einer Zersetzung kommt, werden dem Rohprodukt Stabilisatoren hinzugefügt.
Früher handelte es sich dabei überwiegend um Blei-, Barium- oder Cadmium-Salze von langkettigen Carbonsäuren. Inzwischen werden unbedenkliche Verbindungen wie Calcium- und Zinkcarbonate, Epoxyverbindungen, Polyole oder Harnstoffderivate verwendet.
Um die Verarbeitbarkeit und die Fließfähigkeit zu verbessern, wird Hart-PVC mit langkettigen Alkoholen oder Wachsen als Gleitmittel versetzt.
Füllstoffe wie Ruß, Quarz, Metallpulver oder Sand werden dem Kunststoff beigemischt, um bestimmte Eigenschaften wie Schlagzähigkeit, Druckfestigkeit, elektrische Leitfähigkeit oder Wärmebeständigkeit zu erreichen. Wenn farbige Produkte entstehen sollen, kommen Farbstoffe zum Einsatz.
Bessere Eigenschaften durch Weichmacher
Die Polymerketten im PVC sind untereinander gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang durch echte atomare Bindungen vernetzt. Zwischenmolekulare Wechselwirkungen führen aber dazu, dass die Polymerketten trotzdem dicht beieinander liegen.
Aus diesem Grund ist das Material auch hart. Außerdem sind die Chloratome, die an die Polymerketten angebunden sind, vergleichsweise groß. Deshalb stören sie die Polymerketten beim Gleiten aneinander. Das erklärt, warum das Rohmaterial spröde ist.
Um die Eigenschaften des Kunststoffs zu verbessern, können Weichmacher zugesetzt werden. Dafür kommen unter anderem Chlorparaffine, Phosphor-, Zitronensäure- oder Adipinsäure-Estern zum Einsatz.
Die recht großen Moleküle schieben sich zwischen die Polymerketten und vergrößern den Abstand zwischen ihnen. Dadurch werden die zwischenmolekularen Kräfte kleiner, die Ketten gegeneinander beweglicher und der Kunststoff makroskopisch weicher.
Vielfältige Einsatzbereiche
Als Thermoplast ist PVC bei Temperaturen um 160 °C gut formbar und behält seine Form, wenn er nach dem Abkühlen wieder ausgehärtet ist.
Produkte aus PVC wie Rohre, Profile, Formteile oder Fenster- und Türrahmen werden vor allem in der Baubranche genutzt. Denn sie sind langlebig, robust, wartungsarm, schwer entflammbar sowie korrosions-, witterungs- und UV-beständig.
Die Beständigkeit gegenüber Säuren, Laugen, Schmiermitteln und vielen anderen Substanzen macht PVC auch für den Laborbedarf, etwa in Form von Schläuchen, interessant. Weil PVC ein guter elektrischer Isolator ist, verwenden die Elektro- und Elektronikbranche den Kunststoff unter anderem für Kabel, Gehäuse und Schaltkästen.
Und auch in der Medizin, der Pharmazie und im Lebensmittelsektor spielt PVC eine wichtige Rolle. Denn der Thermoplast ist geruchs- und geschmacksneutral und in Ausführungen ohne Weichmacher lebensmittelecht.
Recycling von PVC
PVC-Abfälle können werkstofflich, rohstofflich und thermisch recycelt werden. Bei sortenreinen Abfällen ist ein werkstoffliches Recycling möglich. Dazu werden die Abfälle gereinigt, geschreddert, erneut aufgeschmolzen und zu frischem Granulat verarbeitet. Das Granulat kann anschließend für die Herstellung neuer Produkte verwendet werden.
Ist es nicht möglich, die Kunststoffabfälle ausreichend sortenrein zu sortieren oder liegen Materialmischungen vor, können sie in einem Lösungsmittel gelöst werden. Dabei löst sich nur das PVC, während feste Beimengungen abgetrennt werden können.
Das gelöste PVC wird dann isoliert und kann genutzt werden, um neue Produkte daraus herzustellen. Beim thermischen Recycling wird der Werkstoff in Chlorwasserstoff und Kohlenwasserstoff aufgespalten. Sie stehen daraufhin als Rohstoffe für andere Synthesen zur Verfügung.