Es gibt eine Reihe von Verfahren, die zum Einsatz kommen können, um Kunststoffe zu verarbeiten und zu formen. Eine wichtige Gruppe darunter sind Fertigungsverfahren, bei denen Kunststoffe durch Gießen geformt werden.
Naturgemäß werden dafür hauptsächlich Thermoplasten eingesetzt, denn sie lassen sich gut schmelzen und anschließend gießen. Aber auch für Duroplasten sind Gussverfahren verfügbar.
In diesem Beitrag stellen wir Ihnen mit dem Spritzguss, dem Rotationsguss und dem Polymerguss drei wichtige Techniken vor, um Kunststoff zu gießen.
Inhalt:
Der Spritzguss
Das Spritzgießen ist das am häufigsten eingesetzte Fertigungsverfahren bei der Massenproduktion von Kunststoffteilen.
Es umfasst fünf Schritte:
- Einrichten der Form: Sofern das Kunststoffteil Einsätze aufweist, werden diese manuell oder per Roboter hinzugefügt. Anschließend schließt eine hydraulische Presse die Form.
- Extrudieren: Pellets oder Granulat aus Kunststoff werden geschmolzen und mit einer Schnecke durch eine beheizte Kammer gefördert.
- Formen: Der flüssige Kunststoff wird unter Druck in die Form eingespritzt.
- Kühlen und Entformen: Das Kunststoffteil kühlt in der Form ab. Ist es ausreichend ausgehärtet, wird es mechanisch oder mit Druckluft ausgeworfen.
- Nachbearbeiten: Angüsse und Grate werden entfernt. Oft geschieht dies automatisch, wenn sich die Form öffnet.
Mittels Spritzgießen sind verschiedenste Geometrien realisierbar, auch hochkomplexe Teile sind möglich. Je aufwändiger die Form ist, desto höher sind aber auch die Werkzeugkosten. Hinzu kommt, dass es lange dauern kann, bis das Werkzeug verfügbar ist.
Trotzdem ist der Spritzguss in der Massenproduktion konkurrenzlos.
Denn sobald das Werkzeug vorhanden und das Verfahren eingerichtet ist, betragen die Zykluszeiten wenige Sekunden und die Kosten pro Teil sind minimal. Dabei können für das Spritzgießen so gut wie alle Thermoplasten eingesetzt werden.
Der Rotationsguss
Der Rotationsguss wird auch als Rotationsformen bezeichnet. Bei dem Verfahren wird eine hohle Form mit einem Thermoplast in Pulverform gefüllt und um zwei Achsen rotiert. Duroplasten können ebenfalls verarbeitet werden, allerdings kommt das seltener vor.
Die Fertigung gliedert sich in vier Schritte:
- Beschicken: Nachdem der Hohlraum der Form mit Kunststoffpulver befüllt ist, werden die restlichen Teile der Form montiert, um den Hohlraum zu schließen.
- Erwärmen: Die Form wird erwärmt und gleichzeitig um zwei Achsen rotiert, die senkrecht zueinander verlaufen. Dadurch verteilt sich der geschmolzene Kunststoff und haftet gleichmäßig an den Wänden der Form.
- Abkühlen: Die Form wird langsam abgekühlt. Dabei dreht sie sich weiter, um zu verhindern, dass die Haut des Kunststoffteils vor dem vollständigen Aushärten durchhängt oder zusammenfällt.
- Entformen: Das Kunststoffteil wird aus der Form entnommen und eventuelle Grate entfernt.
Zum Füllen der Form nutzt der Rotationsguss keinen Druck, sondern die Zentrifugalkraft. Aus diesem Grund können die Werkzeuge schneller und kostengünstiger hergestellt werden als bei anderen Gussverfahren. Meist bestehen die Gussformen aus Epoxidharz oder Aluminium.
Der Rotationsguss stellt eine nahezu einheitliche Wandstärke sicher. Er kommt vor allem bei der Fertigung von großen Hohlkörpern wie Tanks, Behältern, Bojen oder Bootsrümpfen, aber auch Helmen und Spielzeug zur Anwendung.
Als Kunststoff wird Polyethylen mit Abstand am häufigsten eingesetzt. Denn Polyethylen kann bei Raumtemperatur leicht zu einem Pulver zermahlen werden. Daneben sind Polypropylen, Polyvinylchlorid, Nylon und Polycarbonat oft verarbeitete Kunststoffe.
Im Verhältnis zur Teilgröße sind die Kosten pro Teil gering und die Durchlaufzeiten liegen im mittleren Bereich. Allerdings schränkt das Fertigungsverfahren die Gestaltungsmöglichkeiten der Formen ein.
Weil die gesamte Form erhitzt und abgekühlt werden muss, sind außerdem die Zykluszeiten länger. Deshalb bietet sich der Rotationsguss in erster Linie für die Fertigung von kleinen und mittleren Serien an.
Der Polymerguss
Beim Polymerguss wird ein reaktionsfähiger, flüssiger Kunststoff in eine Form eingefüllt. Die chemische Reaktion, die daraufhin eintritt, führt dazu, dass das Material aushärtet.
Das Fertigungsverfahren gliedert sich in fünf Schritte:
- Vorbereiten der Form: Um das spätere Entformen zu vereinfachen, wird die Form mit einem Trennmittel beschichtet. Außerdem wird sie auf eine Temperatur aufgeheizt, die auf den Kunststoff abgestimmt ist.
- Gießen: Der Kunststoff wird mit einem Härter gemischt und in die Form gegossen. Dadurch füllt er den Hohlraum in der Form aus.
- Härten: Das Kunststoffteil härtet in der Form aus. Je nach Kunststoff kann Wärme zugeführt werden, um das Aushärten zu beschleunigen.
- Entformen: Die Form wird geöffnet und das ausgehärtete Kunststoffteil entnommen.
- Trimmen: Rückstände vom Guss wie Grate, Angüsse oder Nähte werden durch Schneiden oder Abschleifen entfernt.
Die Gussform kann aus Latex oder bei Raumtemperatur vulkanisiertem Silikonkautschuk gefertigt werden. Dadurch ist die Herstellung der Gussform nicht nur schnell und kostengünstig möglich. Vielmehr ist die Form auch flexibel und kann selbst kleinste Details abbilden, was wiederum die Basis für hochwertige Kunststoffteile schafft. Durch die chemische Reaktion während des Fertigungsverfahrens ist die Form aber nur für eine begrenzte Anzahl an Gussteilen einsetzbar.
Der Polymerguss ist vergleichsweise kostengünstig und kommt mit geringen Startinvestitionen aus. Die Durchlaufzeit ist kurz und die Formen bieten viel Gestaltungsfreiheit. Zu den am häufigsten eingesetzten Polymeren gehören Polyurethan, Epoxidharz, Polyether, Polyester, Acrylglas und Silikon.
Das Gießen der Teile ist allerdings recht arbeitsaufwendig und jedes Gussteil muss von Hand etwas nachgearbeitet werden. Verglichen mit automatisierten Fertigungsverfahren wie dem Spritzguss sind die Gesamtkosten pro Teil deshalb höher.
Aus diesem Grund eignet sich der Polymerguss hauptsächlich für Prototypen und Kleinserien. Außerdem wird er für bestimmte Anwendungen im Bereich der Zahntechnik und der Schmuckherstellung eingesetzt.
FAQ zu Gussverfahren und Materialeigenschaften bei Kunststoffen
Welche alternativen Gussverfahren gibt es neben Spritzguss, Rotationsguss und Polymerguss?
In der Kunststoffverarbeitung gibt es mehrere alternative Gießverfahren:
Schaumguss: Hierbei wird ein Kunststoff mit einem Treibmittel in eine Form gegossen, der beim Aushärten eine schaumartige Struktur bildet. Dieses Verfahren wird häufig zur Herstellung von leichten und isolierenden Materialien verwendet.
Schleuderguss: Der Kunststoff wird in eine rotierende Form gegossen.
An den Innenwänden der Form verteilt sich das Material aufgrund der Zentrifugalkraft gleichmäßig.
Dieses Verfahren eignet sich gut zur Herstellung von Rohren und Hohlkörpern.
Schwerkraftguss: Der Kunststoff wird einfach in die Form gegossen und härtet durch den Einfluss der Schwerkraft aus.
Für einfache Geometrien wird dieses kostengünstige Verfahren häufig eingesetzt.
Welche speziellen Gießverfahren gibt es für Duroplaste?
Für Duroplaste gibt es spezielle Gießverfahren, die den besonderen Aushärtungseigenschaften Rechnung tragen:
Pressguss: Der Duroplast wird in eine vorgeheizte Form gefüllt und unter hohem Druck zusammengepresst. Unter Wärme und Druck härtet das Material aus und es entstehen sehr stabile und langlebige Bauteile.
Transferguss: Eine Weiterentwicklung des Pressgusses, bei der der Duroplast zunächst in einer Kammer vorgewärmt und dann unter Druck in die Form gepresst wird.
Vorteile dieses Verfahrens sind die bessere Kontrolle der Materialverteilung und die Minimierung von Lufteinschlüssen.
Wie beeinflussen die Materialeigenschaften von Thermoplasten und Duroplasten die Wahl des Gussverfahrens?
Thermoplaste: Diese Kunststoffe werden bei Erwärmung weich und schmelzbar, wodurch sie sich ideal für Verfahren wie Spritzguss, Rotationsguss und Extrusion eignen. Sie können mehrmals erhitzt und geformt werden.
Duroplaste: Die Aushärtung dieser Kunststoffe ist irreversibel, ein Erweichen nach der Formgebung ist nicht möglich.
Daher eignen sich Verfahren wie Press- und Spritzpressen, bei denen das Material während der Formgebung aushärtet und stabile, hitzebeständige Teile entstehen.
Welche Vorteile bietet das Schaumgussverfahren in der Kunststoffverarbeitung?
Das Schaumspritzgießen bietet als Methode in der Kunststoffverarbeitung mehrere Vorteile:
Gewichtseinsparung: Die schaumartige Struktur reduziert das Gewicht des Endprodukts erheblich, was besonders in der Automobil- und Luftfahrtindustrie von Vorteil ist.
Dämmung: Schaumkunststoffe haben sehr gute Dämmeigenschaften und werden häufig in der Bauindustrie als Dämmstoffe eingesetzt.
Materialeinsparung: Da geschäumt werden kann, lässt sich Material einsparen, wodurch die Kosten sinken und die Nachhaltigkeit erhöht wird.
Welche Eigenschaften machen das Schleudergussverfahren besonders geeignet für die Herstellung von Rohren und Hohlkörpern?
Gleichmäßige Wanddicke: Die Zentrifugalkraft sorgt für eine gleichmäßige Verteilung des Kunststoffs an den Formwänden, wodurch eine konstante Wanddicke erreicht wird.
Hohe Festigkeit: Produkte mit hoher struktureller Integrität und Festigkeit entstehen durch die gleichmäßige Verteilung und Verdichtung des Materials.
Effizienz: Das Verfahren ist relativ schnell und effizient und ermöglicht die Produktion großer Mengen.
Welche Unterschiede gibt es bei der Verarbeitung von Thermoplasten und Duroplasten?
Thermoplaste: Sie können mehrmals erhitzt und geformt werden. Üblich sind Verfahren wie Spritzgießen und Extrudieren, da Thermoplaste bei hohen Temperaturen verformbar sind und sich beim Abkühlen wieder verfestigen.
Duroplaste: Diese Kunststoffe härten durch chemische Reaktionen aus und sind nach dem Aushärten nicht mehr verformbar. Verfahren wie Press- und Spritzpressen sind üblich, da Duroplaste während der Formgebung aushärten und ihre Form irreversibel behalten.