Kunststoffe sind ein fester Bestandteil des modernen Lebens und in vielen Bereichen nicht zu ersetzen. Aber die Herstellung und die Entsorgung sind mit Belastungen für die Umwelt und das Klima verbunden.
Ein effektives Recycling würde einen großen Beitrag dazu leisten, diese Belastungen zu reduzieren.
In der Praxis liegt noch ein weiter Weg vor uns, bis der Übergang in eine echte Kreislaufwirtschaft gelingt. In einem zweiteiligen Beitrag stellen wir Probleme und Lösungen beim Kunststoffrecycling in Deutschland und der EU gegenüber.
Dabei haben wir im 1. Teil den Status Quo beim Recycling von Kunststoffen beleuchtet und uns angesehen, worin die Probleme bestehen. Jetzt, im 2. Teil, betrachten wir mögliche Lösungsansätze und ziehen ein Fazit.
Inhalt:
Recyclingquoten
Ein Lösungsansatz kann eine gesetzliche Mindestquote sein, die festlegt, zu welchem Anteil bestimmte Kunststoffabfälle recycelt werden müssen. Die Abfallunternehmen wären dadurch verpflichtet, mehr zu recyceln. Im Ergebnis könnten sowohl eine bessere Sortierung der Abfälle als auch eine höhere Verfügbarkeit von Rezyklat erreicht werden.
Das Verpackungsgesetz schreibt seit 2022 vor, dass mindestens 63 Prozent der Kunststoffverpackungen dem Recycling zugeführt werden müssen. Denkbar und sinnvoll wäre, eine gesetzliche Recyclingquote auch für andere Plastikabfälle einzuführen.
In Deutschland und der EU existiert sie bislang aber nur für Verpackungen. Andererseits sind auch Mindestquoten keine Garantie dafür, dass Rezyklat bei der Herstellung von Kunststoffprodukten tatsächlich zum Ersatz für Neumaterial wird.
Rezyklat-Quoten
Auf einer ähnlichen Idee wie die Recyclingquote basiert die Rezyklat-Quote. Hier geht es um eine gesetzliche Mindestquote, die vorschreibt, wie hoch der Anteil an Rezyklat bei der Herstellung bestimmter Kunststoffprodukte sein muss.
So eine Quote könnte zum einen den Einsatz von recyceltem Kunststoffmaterial erhöhen. Zum anderen könnte sie dazu beitragen, dass Rezyklat nicht mehr nur für Produkte mit geringeren Qualitätsanforderungen eingesetzt wird und so dem Downcycling entgegenwirken.
In Deutschland und der EU ist eine Rezyklat-Quote für PET-Flaschen auf dem Weg. So müssen PET-Einwegflaschen ab 2025 zu mindestens 25 Prozent aus Rezyklat bestehen. Im Jahr 2030 steigt die Mindestquote auf 30 Prozent.
Eine gesetzliche Rezyklat-Quote könnte auch auf andere Verpackungen und weitere Einsatzbereiche, etwa Kunststoffprodukte in der Baubranche, angewendet werden.
Eine Problematik dabei ist aber, dass bei Lebensmittelverpackungen Rezyklat derzeit nur im PET-Pfandsystem zulässig ist. Hier müssten deshalb auch die Rahmenbedingungen angepasst werden.
Außerdem ist eine klare Definition notwendig, ob nur Recyclingmaterial aus Haushaltsabfällen oder auch Kunststoffreste aus der Industrie als Rezyklat gelten.
Bepreisung schlechter Recyclingfähigkeit
Ein weiterer Ansatz ist, Kunststoffprodukte, die gar nicht oder nur schwer recycelbar sind, zu bepreisen. Auf diese Weise wären Anreize für ein recyclingfreundliches Produktdesign gegeben.
Seit 2021 existiert in der EU eine Abgabe auf Plastikabfälle.
Die sogenannte Plastiksteuer sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten pro Tonne nicht recycelter Kunststoffabfälle eine Abgabe an die EU zahlen müssen. Bislang haben die Regierungen diese Kosten von den Herstellern aber nicht eingefordert. Die beabsichtigte Wirkung bleibt damit aus.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass es zunächst einheitliche, verbindliche und transparente Kriterien für die Recyclingfähigkeit von Kunststoffprodukten geben muss. Außerdem muss es klare Regelungen für die Höhe der Gebühren geben.
Recyclingzertifikate
Einheitliche, standardisierte Zertifikate mit Angaben zur Recyclingfähigkeit und dem Rezyklat-Gehalt eines Kunststoffprodukts heben nicht nur Informationsdefizite auf. Stattdessen würden sie auch die Basis für eine Bepreisung schlecht oder gar nicht recycelbarer Kunststoffe schaffen.
Außerdem könnten Label auf den Produkten Verbrauchern dabei helfen, sich für nachhaltige Produkte zu entscheiden. In der Folge wären auch bei den Herstellern die Anreize größer, umweltfreundliche Produkte zu designen.
Es gibt bereits Bemühungen von Herstellern und Organisationen, entsprechende Recyclingzertifikate auf den Weg zu bringen.
Auch die EU möchte besser regulieren, wann Produkte als nachhaltig bezeichnet werden dürfen. Doch damit Zertifikate und Labels wirksam sein können, brauchen sie verbindliche und einheitliche Kriterien.
Ökodesign-Richtlinien
Standards für ein ökologisches und recycelbares Produktdesign könnten dazu beitragen, dass Kunststoffprodukte einheitlicher gestaltet werden. Dadurch wäre die Sortierung einfacher und die Recyclingfähigkeit könnte steigen.
Für Elektrogeräte gibt es solche Richtlinien schon seit 2009. Die EU-Verpackungsrichtlinie gibt vor, dass Verpackungen möglichst klein und leicht sein sollen, keine Gefahrenstoffe enthalten dürfen und wiederverwendbar oder recyclingfähig sein sollen. Allerdings sind die Anforderungen recht vage formuliert.
Ein Ansatz wäre, solche Richtlinien auf Kunststoffe auszuweiten und verbindliche Mindestanforderungen an den Einsatz von Rohstoffen und Additiven, die Langlebigkeit und die Recycelbarkeit zu definieren.
Dem steht aber entgegen, dass Kunststoffprodukte je nach Verwendungszweck sehr unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen.
In der Praxis könnte eine Vereinheitlichung deshalb von Nachteil sein.
Pfandsysteme
Pfandsysteme tragen zu einer sortenreinen Sammlung von Kunststoffabfällen bei. Damit kann auch Rezyklat in hoher Reinheit und guter Qualität hergestellt werden.
In Deutschland ist seit 2003 ein Pfandsystem für PET-Flaschen etabliert. 2022 wurde die Pfandpflicht auf so gut wie alle Kunststoffflaschen ausgeweitet. Die Baubranche arbeitet bei einigen Kunststoffprodukten mit freiwilligen Rücknahmesystemen ohne Pfand. Das betrifft zum Beispiel PVC-Böden.
Digitale Steckbriefe
Digitale Produktpässe können alle Daten zum gesamten Lebenszyklus eines Kunststoffprodukts bündeln, angefangen bei den verwendeten Rohstoffen bis hin zur Recyclingfähigkeit. Für Hersteller, Verbraucher und auch Abfallunternehmen ergibt sich so Transparenz.
Allerdings ist die genaue Zusammensetzung von Kunststoffprodukten oft ein Geschäftsgeheimnis. Auch mit dem Datenschutz könnte es Probleme geben.
Nicht zuletzt ist es eine technische Herausforderung, Produktpässe so umzusetzen, dass die hinterlegten Informationen abrufbar sind und zum Beispiel von Sortieranlagen erkannt werden.
Probleme und Lösungen beim Kunststoffrecycling – Fazit
Ein einziger Ansatz wird nicht ausreichen, um das Kunststoffrecycling zu verbessern.
Vielmehr wird es notwendig sein, verschiedene Lösungsansätze miteinander zu kombinieren:
- Mindestquoten verbessern die Sortierung und erhöhen die Verfügbarkeit von hochwertigem Rezyklat.
- Eine Bepreisung setzt Anreize für umweltfreundliche Produktdesigns, sofern es klare Regelungen und einheitliche Kriterien gibt.
- Richtlinien schaffen Standards für die Recyclingfähigkeit von Kunststoffprodukten.
- Pfandsysteme tragen dazu bei, dass mehr Kunststoffe eingesammelt, sortenrein sortiert und recycelt werden können.
- Digitale Pässe liefern die Informationsgrundlage für eine Kreislaufwirtschaft.
Viele dieser Ansätze werden in Deutschland und in der EU bereits diskutiert. Allerdings beziehen sich die Regulierungen überwiegend auf Kunststoffverpackungen, während andere Sektoren unberücksichtigt bleiben.
Das Kunststoffrecycling spart Ressourcen und reduziert die Umweltbelastung. Das übergeordnete Ziel muss aber trotzdem sein, Plastikmüll wo immer möglich zu vermeiden.