
BKM Hochtemperatur Kunststoff
Unter den Kunststoffen oder genauer den thermoplastischen Kunststoffen gibt es eine Materialklasse, die sich vor allem durch ihre außergewöhnliche Temperaturbeständigkeit auszeichnet: Hochtemperatur-Kunststoffe.
Doch auch was die Beständigkeit gegenüber Chemikalien und die mechanischen Eigenschaften angeht, sind Hochtemperatur-Kunststoffe technischen Kunststoffen und Standardkunststoffen überlegen.
Inhalt:
Die Begriffsdefinition
Für den Begriff Hochtemperatur-Kunststoffe gibt es mehrere Synonyme, so zum Beispiel Hochleistungskunststoffe, High-Performance-Polymers, Hochleistungsthermoplaste oder Hightech-Kunststoffe.
Die Bezeichnung Hochleitungsthermoplaste betont die Abgrenzung zu Duroplasten und Elastomeren als eigene Klassen außerhalb von Standardkunststoffen, technischen Kunststoffen und Hochleistungskunststoffen.
Allerdings ändert sich die Unterscheidung zwischen leistungsstarken und weniger leistungsfähigen Kunststoffen mitunter. So galten zum Beispiel Nylon und PET bei ihrer Einführung als außerordentlich leistungsfähige Kunststoffe, während sie inzwischen zu den gewöhnlichen Kunststoffen zählen.
Hochtemperatur-Kunststoffe sind jedenfalls eine Gruppe von Polymeren, die auch bei extremen Temperaturen stabil und funktionsfähig bleiben. Im Unterschied zu normalen Kunststoffen, die sich schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen verformen oder schmelzen können, halten Hochleistungskunststoffe Hitze sehr gut stand.
Zusätzlich dazu sind sie beständig gegenüber Chemikalien und halten hohen mechanischen Belastungen stand. Dadurch eignen sie sich für Anwendungen, in denen herkömmliche Kunststoffe versagen würden.
Die Eigenschaften von Hochtemperatur-Kunststoffen
Verglichen mit Standardkunststoffen und technischen Kunststoffen erfüllen Hochtemperatur-Kunststoffe höhere Ansprüche. Denn sie weisen eine deutlich höhere Wärmebeständigkeit auf, haben bessere mechanische Eigenschaften und/oder sind beständiger gegenüber Chemikalien.
Oft sind Hochleistungskunststoffe auf eine bestimmte Eigenschaft wie etwa die Wärmeformbeständigkeit spezialisiert. Dadurch unterscheiden sie sich von technischen Kunststoffen, die ein breiteres Funktionsspektrum abdecken.
Die thermischen und auch die mechanischen Eigenschaften von Hochtemperatur-Kunststoffen gehen auf ihre molekulare Struktur zurück.
Die Struktur-Eigenschafts-Beziehung
Alle Hochtemperatur-Kunststoffe enthalten sogenannte aromatische Strukturen. Aromatische Strukturen verknüpfen die beiden entscheidenden Merkmale miteinander, die für die Widerstandsfähigkeit gegenüber hohen Temperaturen notwendig sind. So sind sie zum einen oxidationsbeständig, was die Radikalbildung erschwert, die bei thermischer Zersetzung oder Feuer auftritt.
Zum anderen ist die Kettensteifheit von aromatischen Polymeren größer als die von aliphatischen Polymeren. Dies hat eine höhere Glasübergangstemperatur und eine geringere Löslichkeit zur Folge.
Bei einem Polymer aus rein aromatischen Einheiten liegt der Erweichungspunkt mit 500 Grad Celsius außerordentlich hoch, wodurch es auch bei hohen Temperaturen noch verwendet werden kann. Allerdings schränkt dies die Verarbeitbarkeit ein.
Als Kompromiss zwischen der Verarbeitbarkeit und der Stabilität sind bei Hochleistungskunststoffen deshalb ebenfalls temperaturbeständige, funktionelle Gruppen vorhanden. Diese Gruppen können flexibel oder eher starr sein und zum Beispiel aus einer Ether-Gruppe, einem Schwefelatom oder einem Stickstoffatom bestehen.
Die thermische Stabilität und die Kristallinität
Eine zentrale Eigenschaft von Hochtemperatur-Kunststoffen ist die thermische Stabilität. Ausgehend von den Eigenschaften der Standardkunststoffe sind mechanische und thermische Verbesserungen in gewissem Umfang schon dadurch möglich, dass Verstärkungsstoffe wie Glas- oder Kohlenstofffasern hinzugefügt, Stabilisatoren zugesetzt oder der Polymerisationsgrad erhöht wird.
Höhere Gebrauchstemperaturen lassen sich erreichen, indem aliphatische durch aromatische Einheiten ersetzt werden. Noch höhere Gebrauchstemperaturen werden erzielt, wenn komplett auf aliphatische Elemente verzichtet und Aromenten eng mit funktionellen Gruppen verknüpft werden.
Wie alle Kunststoffe lassen sich auch Hochtemperatur-Kunststoffe in amorphe und teilkristalline Polymere einteilen. Kristalline Polymere, insbesondere wenn sie mit Füllstoffen verstärkt sind, sind auch oberhalb ihrer Glastemperatur einsetzbar.
Denn neben ihrer Glastemperatur weisen sie noch eine meist deutlich höhere Kristallitschmelztemperatur auf.
Als weiterer Pluspunkt kommt dazu, dass teilkristalline Polymere eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber aggressiven Chemikalien wie wässrigen Säuren, Laugen und organischen Lösungsmitteln aufweisen.
Die Verwendung von Hochtemperatur-Kunststoffen
Zu den am häufigsten eingesetzten Hochtemperatur-Kunststoffen gehören Polytetrafluorethylen (PTFE), Polyphenylensulfid (PPS), Polyetheretherketon (PEEK), Polyimid und Polyamidimid (PAI).
Die Elektro- und die Elektronikindustrie sowie die Automobilindustrie sind die größten Abnehmer von Hochtemperatur-Kunststoffen. Die restlichen Marktanteile verteilen sich auf alle anderen Industrien.
Im Bereich der Elektronik ist die Hitzebeständigkeit von Hochtemperatur-Kunststoffen ein entscheidendes Kriterium.
Das gilt insbesondere für Bauteile wie Schalter, Steckverbinder oder Gehäuse. In der Automobilindustrie finden Hochleistungskunststoffe vor allem für Komponenten im Motorraum Verwendung, die hohen Temperaturen und starken mechanischen Belastungen ausgesetzt sind. Durch die Hochtemperatur-Kunststoffe können die Leistung und die Effizienz von Fahrzeugen verbessert werden.
Die Luft- und Raumfahrt braucht Bauteile, die mit extremen Bedingungen zurechtkommen. Aus Hochtemperatur-Kunststoffen können hier unter anderem Isolatoren, Dichtungen und Strukturkomponenten gefertigt werden.
Auch in Kraftwerken und anderen Einrichtungen der Energieerzeugung kommen Hochtemperatur-Kunststoffe für Dichtungen, Isolatoren und kritische Komponenten zum Einsatz.
Hochtemperatur-Kunststoffe zeichnen sich durch hohe Glasübergangs- und Schmelztemperaturen aus. Gleichzeitig bieten sie die entscheidenden Vorteile von Polymeren wie die Beständigkeit gegenüber Chemikalien, die mechanische Belastbarkeit, die elektrische Isolationsfähigkeit oder das geringe Gewicht. Auch unter dauerhaft hohen Betriebsbedingungen bleiben diese Eigenschaften dauerhaft erhalten.
Hochleistungskunststoffe sind als nicht-modifizierte, wärmebeständige Werkstoffe und als modifizierte, hochleistungsfähige Thermoplasten erhältlich. Die Zugabe von Verstärkungsstoffen und Stabilisatoren kann die Wärmeformbeständigkeit, die Steifigkeit und die Stabilität verbessern.
Weiterentwicklungen in den Materialzusammensetzungen und Fortschritte bei den Verarbeitungstechnologien haben dazu geführt, dass Hochtemperatur-Kunststoffe noch leistungsfähiger eingestellt, besser verarbeitet und kostengünstiger produziert werden können.
Auch an biobasierten und recycelbaren Hochleistungskunststoffen wird geforscht. Damit wächst auch die Palette an innovativen Lösungen für traditionelle und anspruchsvolle Industrieanwendungen stetig.