Die Bezeichnung Hochleistungskunststoffe steht für thermoplastische Kunststoffe, die sich durch eine höhere Temperaturbeständigkeit, mechanische Festigkeit und chemische Beständigkeit auszeichnen als Standardkunststoffe und technische Kunststoffe.
Inhalt:
Was sind Hochleistungskunststoffe?
Standardkunststoffe sind Kunststoffe, die kostengünstig in großen Mengen produziert werden können. In diese Gruppe gehören zum Beispiel Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrol (PS). Technische Kunststoffe sind etwas teurer in der Herstellung, weisen aber bessere mechanische Eigenschaften auf.
Aus Standard- und technischen Kunststoffen werden unter anderem Kunststoffplatten, Folien, Behälter und Formteile aller Art gefertigt.
Ein deutlicher Unterschied zwischen Standard- und technischen Kunststoffen sowie Hochleistungskunststoffen ist die Temperaturbeständigkeit. So können Hochleistungskunststoffe bei Dauergebrauchstemperaturen von über 150 °C genutzt werden, einige Vertreter ermöglichen sogar einen kurzzeitigen Einsatz bei über 500 °C.
Neben der hohen Temperaturbeständigkeit zeichnen sich Hochleistungskunststoffe durch eine hohe Chemikalienbeständigkeit, Flammwidrigkeit und elektrische Isolation aus. Hinzu kommen eine hervorragende mechanische Festigkeit und Langzeitstabilität.
Wegen ihrer Eigenschaften werden die Kunststoffe auch als Hochleistungspolymere, Hochleistungsthermoplaste, Hochtemperaturkunststoffe oder Hightech-Kunststoffe bezeichnet.
Hochleistungskunststoffe werden überwiegend durch Polykondensation hergestellt. Damit Polymere mit einer hohen molekularen Masse entstehen, muss ein hoher Reaktionsumsatz gegeben sein.
Dieser wiederum setzt eine genaue Stöchiometrie der Edukte voraus, die dafür eine hohe Reinheit aufweisen müssen. Das spiegelt sich dann auch im Preis wider.
Hochleistungskunststoffe können zwischen drei- und 20-mal teurer sein als Standardkunststoffe.
Die chemische Struktur von Hochleistungskunststoffen
Ein Kennzeichen von Hochleistungskunststoffen sind ihre aromatischen Strukturen. Die Bindungsenergie von aromatischen Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen liegt bei 435 kJ/mol und ist damit höher als bei aliphatischen Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen.
Weil für die Spaltung solcher Verbindungen dadurch mehr Energie notwendig ist, ergibt sich eine hohe chemische Stabilität.
Außerdem weist die Polymerkette aromatischer Kunststoffe eine höhere Steifigkeit auf. Die Folge davon ist eine höhere Glasübergangstemperatur. Die Glasübergangstemperatur ist die Temperatur, bei der die starren, amorphen Bereiche der Polymere in einen flexiblen, elastischen Zustand übergehen.
Die Bausteine von Hochleistungskunststoffen
Der Hochleistungskunststoff mit der einfachsten chemischen Struktur ist Polyparaphenylen (PPP). Auch kurz Polyphenylen genannt, besteht er nur aus para-verknüpften Aryl-Gruppen. Seine Glasübergangstemperatur liegt bei etwa 500 °C, wodurch PPP extrem temperaturstabil ist.
Um eine hohe Temperaturbeständigkeit und bestimmte technische Eigenschaften zu erzielen und gleichzeitig eine bessere Verarbeitbarkeit zu erreichen, wurden Hochleistungskunststoffe entwickelt, die neben Aryl-Gruppen weitere funktionelle Gruppen enthalten.
Zu diesen Bausteinen gehören unter anderem Sulfid-, Sulfon-, Keto-, Ether-, Arylimid- und Imid-Gruppen:
Hochleistungskunststoffe mit Sulfid- und Sulfon-Gruppen
In diese Gruppe gehören Polyphenylsulfid (PPS) und die Polyarylethersulfone (PAES).
PPS ist ein teilkristalliner Thermoplast mit einer Dauergebrauchstemperatur von 240 °C. Aufgebaut aus sich abwechselnden Aryl- und Sulfid-Gruppen, zeichnet sich PPS durch eine hohe mechanische Festigkeit, eine geringe Wasseraufnahme und eine fast vollständige Undurchlässigkeit für Gase aus.
Aus PPS werden zum Beispiel Abdeckungen und Gehäuse, Bauteile für Pumpen, Lager, Lampen und Armaturen gefertigt.
PAES enthalten Aryl-, Sulfon- und Ether-Gruppen. Sie sind amorph und eignen sich für einen Temperaturbereich zwischen -100 und 170 °C. Zu ihren Kennzeichen gehören eine hohe Festigkeit und Steifheit sowie eine gute Strahlungsresistenz.
Aus PAES werden Membranen für die Trinkwasseraufbereitung und für Filter in der Medizin- und Chemietechnik hergestellt. Außerdem kommen sie für Mikrowellengeschirr, Babyflaschen und Brüheinheiten in Kaffeemaschinen zum Einsatz.
Hochleistungskunststoffe mit Keto- und Ether-Gruppen
Kunststoffe aus der Gruppe der Polyaryletherketone sind aus Aryl-, Ether- und Keto-Gruppen aufgebaut. Dabei kann eine Einheit mehr als eine Ether- oder Keto-Gruppe enthalten und die Anzahl der Gruppen bestimmt über den Namen. Ein Polymer, bei dem eine Einheit aus zwei Ether-Gruppen und einer Keto-Gruppe besteht, heißt Polyetheretherketon (PEEK).
PEEK bietet eine herausragend hohe mechanische Festigkeit, Steifigkeit sowie chemische und thermische Beständigkeit. Der Hochleistungskunststoff ist teilkristallin, biokompatibel und verfügt über sehr gute Gleiteigenschaften.
Er kann dauerhaft bis 240 °C, kurzfristig auch bis 300 °C eingesetzt werden. Aus PEEK werden Zahnräder, Dichtungsringe, Schläuche und Befestigungselemente produziert. Daneben finden die Hochleistungskunststoffe als Metallersatz und in der Medizin als Zahnimplantate und Beschichtung von Gelenkprothesen Anwendung.
Stickstoffhaltige Hochleistungskunststoffe
Enthalten Kunststoffe eine Arylimid-Gruppe, werden sie Polyimide (PI) genannt.Eine Arylimid-Gruppe ist eine Imid-Gruppe, die an eine Aryl-Gruppe gebunden ist.
PI sind weder schmelz- noch brennbar und strahlungsresistent. Ihre Dauergebrauchstemperatur liegt zwischen -240 und 240 °C, kurzzeitig halten sie bis zu 400 °C stand. Die mechanischen Eigenschaften bleiben im gesamten Temperaturbereich stabil. Sie werden unter anderem für Isolierungen von elektronischen Bauteilen, Filter und Schläuche verwendet.
Im Unterschied zu Polyimiden haben Polyetherimide (PEI) zusätzliche Ether-Gruppen. Sie machen das Polymer flexibler, senken die Dauergebrauchstemperatur aber auf etwa 200 °C. Zu den Merkmalen von PEI gehören eine hohe elektrische Durchschlagfestigkeit, Flammwidrigkeit und eine gute Strahlen- und Hydrolyse-Beständigkeit.
Weil sie mehrfach durch Dampf sterilisiert werden können, sind sie für die Medizintechnik und die Lebensmittelindustrie interessant. Aber auch in der Elektronikindustrie werden sie für verschiedenste Anwendungen genutzt.
Bei Polyamidimiden (PAI) kommen zur Arylimid-Gruppe noch Imid-Gruppen dazu. PAI sind nicht transparent, nicht schmelzbar und enorm verschleiß- und biegefest. Ihr Einsatzbereich liegt bei -200 bis 260 °C.
Um die hervorragenden chemischen und thermischen Eigenschaften zu erhalten, müssen PAI nach der Formgebung aber noch getempert werden. Die Hochleistungskunststoffe werden unter anderem für Zahnräder und Getriebelagerkäfige verwendet.
Daneben gibt es Polybenzimidazol (PBI). Dieser amorphe Hochleistungskunststoff ist nicht brennbar, nicht schmelzbar und hält kurzzeitig Temperaturen bis 500 °C stand. Er wird überwiegend in Brandschutzkleidung und Membranen in Brennstoffzellen verarbeitet.
Fluorierte Hochleistungskunststoffe
Die aliphatischen Fluorpolymere Polytetrafluorethylen (PTFE) und Perfluoralkoxy-Copolymer (PFA) weisen eine hohe Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit auf und zählen deswegen zu den Hochleistungskunststoffen. Allerdings sind sie weniger fest und steif als aromatische Hochleistungskunststoffe. Außerdem kriechen sie unter Belastung.
Die hohe Beständigkeit gegenüber Temperaturen und Chemikalien geht auf die hohe Bindungsenergie der Kohlenstoff-Fluor-Bindung zurück. Sie liegt bei 485 kJ/mol. Dazu kommt, dass Fluoratome größer sind als Kohlenstoffatome und die Kohlenstoff-Hauptkette abschirmen.
PFA können dauerhaft bei Temperaturen bis 200 °C eingesetzt werden. Ihre Antihafteigenschaften, Flexibilität und elektrische Durchschlagfestigkeit ist besser als bei PTFE. Aus dem Material werden beispielsweise Schläuche, Rohre, Verbindungselemente und Behälter gefertigt.
PTFE eignet sich für einen Temperaturbereich von -200 bis 260 °C. Es haftet nicht und weist eine höhere Biegewechselfestigkeit auf als PFA. Allerdings sind die möglichen Verarbeitungstechnologien stark begrenzt.
Bauelemente aus PTFE wie Fittings, Dichtungen oder Adapter werden überall dort eingesetzt, wo andere Materialien versagen. Als Paste kommt der Kunststoff als Schmiermittel zum Einsatz.
PDF zu innovativen Materialien:
FAQ zu Hochleistungskunststoffen in der Industrie
Wie ist die Marktverfügbarkeit von Hochleistungskunststoffen, insbesondere spezieller Typen wie Polyetheretherketon (PEEK) oder Polybenzimidazol (PBI)?
Je nach Typ und Hersteller ist die Verfügbarkeit von Hochleistungskunststoffen auf dem Markt unterschiedlich. Spezielle Hochleistungspolymere wie PEEK oder PBI werden von ausgewählten Unternehmen hergestellt und die Verfügbarkeit kann durch Angebot und Nachfrage beeinflusst werden. Kunden sollten die Hersteller oder Fachhändler direkt kontaktieren, um genaue Informationen einzuholen.
Welche speziellen Verarbeitungstechniken werden bei der Herstellung von Bauteilen aus Hochleistungskunststoffen angewandt?
Häufig sind spezielle Verarbeitungstechnologien wie die Polykondensation erforderlich, um Bauteile aus Hochleistungskunststoffen herzustellen. Diese Technologie ermöglicht die Bildung von Polymeren mit hoher molekularer Masse. Die Wahl der Verarbeitungstechnologie wird durch die chemische Struktur und die Eigenschaften der Hochleistungskunststoffe bestimmt und kann Kosten und Qualität beeinflussen.
Welche konkreten Anwendungen von Hochleistungskunststoffen gibt es in der Automobilindustrie, abgesehen von den allgemeinen Hinweisen?
In der Automobilindustrie werden Hochleistungskunststoffe wie PEEK verwendet, um Zahnräder, Dichtungsringe, Schläuche und Befestigungselemente herzustellen. In verschiedenen Fahrzeugkomponenten sorgen diese Werkstoffe für hohe mechanische Festigkeit, Steifigkeit und chemische Beständigkeit.
Welche umweltfreundlichen Alternativen bzw. Recyclingmethoden gibt es für High-Performance-Kunststoffe und wie wird die Industrie auf Umweltprobleme reagieren?
Die Industrie ist bestrebt, nachhaltigere Produktions- und Entsorgungsmethoden für Hochleistungskunststoffe zu entwickeln. Die Industrie arbeitet daran, nachhaltigere Produktions- und Entsorgungsmethoden einzuführen. Einige Hochleistungskunststoffe, wie z. B. Polyetherimide (PEI), sind mehrfach dampfsterilisierbar, was für die Medizin- und Lebensmittelindustrie interessant ist.
Welche internationalen Normen oder Zulassungen haben Hochleistungskunststoffe, besonders hinsichtlich bestimmter Anwendungen wie Medizintechnik oder Luftfahrt?
Hochleistungskunststoffe unterliegen je nach Anwendung unterschiedlichen Normen und Zertifizierungen. In der Medizintechnik sind für Polyimide (PI), die zur Isolierung elektronischer Bauteile verwendet werden, spezielle Normen vorgeschrieben. In der Luft- und Raumfahrt werden für Materialien wie Polybenzimidazol (PBI) in Brandschutzkleidung besondere Anforderungen gestellt. Kunden sollten sich über spezifische Anforderungen informieren.
Gibt es aktuelle Entwicklungen oder Trends in der Forschung und Entwicklung bei High Performance Plastics, die möglicherweise zu neuen Anwendungen oder verbesserten Eigenschaften führen können?
Die Forschung und Entwicklung von Hochleistungskunststoffen ist dynamisch und macht ständig Fortschritte. Aktuelle Trends können sich auf verbesserte mechanische Eigenschaften, erweiterte Anwendungen oder umweltfreundlichere Herstellungsverfahren beziehen. Um über die neuesten Entwicklungen informiert zu bleiben, sollten Interessierte die aktuelle wissenschaftliche Literatur und Industrieberichte verfolgen.