Die EU-Kommission hat verschiedene Strategien für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffprodukten erarbeitet. Dabei stehen vor allem das Design, die Kennzeichnung und das Recycling im Mittelpunkt.
Neben einem politischen Rahmen für Bioplastik soll es Vorgaben für Verpackungen geben, die weniger Müll verursachen und das Recycling verbessern. Der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik entgegenzuwirken, ist ein weiteres Ziel.
Außerdem sollen Aussagen über die Nachhaltigkeit von Kunststofferzeugnissen stärker reguliert werden, um auf diese Weise dem sogenannten Greenwashing vorzubeugen.
Damit der Übergang in eine Kreislaufwirtschaft, wie sie die EU und die Bundesregierung anstreben, gelingt, muss das Kunststoffrecycling aber besser werden. In Deutschland wird nach wie vor gut die Hälfte des Plastikmülls verbrannt. Im Unterschied zu Papier und Glas, wo das Recycling inzwischen gut funktioniert, gibt es bei Kunststoffen mehrere Stolpersteine.
In einem zweiteiligen Beitrag stellen wir Probleme und Lösungen beim Kunststoffrecycling gegenüber. Wir schauen uns an, an welchen Stellen es hakt, und welche Lösungsansätze es gibt.
Inhalt:
Der aktuelle Stand beim Kunststoffrecycling in Deutschland
Im Jahr 2021 haben Industrie und Haushalte rund 12,4 Millionen Tonnen Kunststoff verbraucht. Dabei war der Verbrauch in der Baubranche und der Verpackungsindustrie am höchsten, gefolgt von der Elektronikbranche und dem Fahrzeugbau.
Die Menge an Kunststoffabfall belief sich auf rund 5,7 Millionen Tonnen.
Der Großteil davon wurde entweder energetisch verwertet, also verbrannt, oder dem Recycling zugeführt:
[Grafik]Je nachdem, an welcher Stelle im Prozess die Mengen bestimmt werden, weichen die Zahlen etwas voneinander ab. Werden die Mengenverluste berücksichtigt, die durch die Vorbereitung des Plastikabfalls fürs Recycling anfallen, sinkt der Recyclinganteil auf 35 Prozent.
Zu beachten ist außerdem, dass exportierter Kunststoffabfall in Deutschland als recycelt gilt, selbst wenn nicht sichergestellt werden kann, dass er im Zielland tatsächlich recycelt wird und nicht doch auf Deponien landet. Andererseits nimmt die Menge an Plastikmüll, der exportiert wird, stetig ab.
Waren es im Jahr 2010 noch 1,5 Millionen Tonnen, hat sich die Menge mit 700.000 Tonnen im Jahr 2021 mehr als halbiert. Seit 2021 gilt zudem ein Exportverbot für unsortierten und verschmutzten Plastikmüll aus der EU.
Das werkstoffliche Recycling und die rohstoffliche Verwertung
Beim Kunststoffrecycling unterscheiden wir grundsätzlich zwischen dem werkstofflichen Recycling und der rohstofflichen Verwertung. Standardmäßig wird in der Praxis aber das werkstoffliche Recycling eingesetzt.
Werkstoffliches Recycling
Beim werkstofflichen Recycling werden die Kunststoffabfälle mechanisch aufbereitet. Im ersten Schritt werden dabei die Nicht-Kunststoffe durch Verfahren wie Sieben, Windsichtung oder Magnetismus abgetrennt.
Mittels Nahinfrarotspektroskopie werden die Kunststoffe anschließend sortiert.
Danach folgt eine Wäsche, bei der die Kunststoffe von Lebensmittelresten, Etiketten und Kleber befreit werden. Um beigemischte Additive zu entfernen, werden zum Teil auch Lösemittel eingesetzt.
Die sortierten und gereinigten Kunststoffe können nun geschreddert, geschmolzen und zu Pulver oder Granulat verarbeitet werden. Bei dem auf diese Weise gewonnenen Rezyklat hat sich die chemische Struktur der Polymere nicht verändert. Allerdings kommt es zu Verlusten in der Menge und der Qualität.
Rohstoffliche Verwertung
Bei der rohstofflichen Verwertung werden die Rohstoffe, aus denen der Kunststoff besteht, zurückgewonnen. Unter den Begriff fallen verschiedene thermochemische Verfahren, die die Polymerketten der Kunststoffe aufspalten.
Im Ergebnis entsteht synthetisches Öl oder Gas, das für die Herstellung neuer Kunststoffe verwendet werden kann.
Die rohstoffliche Verwertung wird manchmal auch als chemisches Recycling bezeichnet. Allerdings ist umstritten, ob von Recycling im eigentlichen Sinne gesprochen werden kann. Denn die Ausgangsprodukte sind Kunststoffe.
Doch sie werden bei den Verfahren nicht wiederhergestellt. In der Praxis spielt die rohstoffliche Verwertung aber ohnehin (noch) keine große Rolle. Dazu sind die Verfahren noch nicht ausgereift genug und der Energieaufwand viel zu hoch.
Die Probleme beim Kunststoffrecycling
Die Technologien fürs Kunststoffrecycling sind vorhanden und Beispiele wie die PET-Flasche zeigen, dass ein Kreislauf funktioniert. Doch warum wird gut die Hälfte der Kunststoffabfälle trotzdem verbrannt? Wieso wird nicht besser recycelt?
Das Kunststoffrecycling sieht sich mit mehreren Problemen konfrontiert:
Nicht recycelbare Kunststoffe
Ein Problem besteht darin, dass nicht alle Kunststoffe recyclingfähig sind. Vor allem Verbundstoffe, die aus mehreren Materialien bestehen, machen ein Recycling schwer. Denn es ist kaum oder nur mit sehr großem Aufwand möglich, die Materialien voneinander zu trennen. Doch für eine Wiederverwertung ist eine sortenreine Sortierung notwendig.
Auch schwarze Kunststoffe lassen sich nur bedingt recyceln. Das liegt daran, dass die Sortieranlagen schwarzes Plastik oft nicht richtig erkennen und zuordnen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass die Anreize fehlen, Kunststoffprodukte so zu designen, dass sie ein einfaches Recycling ermöglichen. Die Kosten dafür tragen nämlich die Hersteller, ohne dass sie davon profitieren.
Unsaubere Sortierung von Plastikmüll
Werden Kunststoffprodukte nicht in der gelben Tonne, sondern über den Restmüll entsorgt, gehen sie in aller Regel in die Verbrennung und nicht ins Recycling. Hinzu kommt, dass es sich schwierig gestaltet, gemischte Kunststoffabfälle sortenrein zu trennen.
Ein Grund dafür ist die enorme Bandbreite an Kunststoffarten und Additiven.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass in der weltweiten Kunststoffproduktion rund 10.000 verschiedene chemische Substanzen, bestehend aus Monomeren als Grundstoffe und Additiven, eingesetzt werden. Doch eine unsaubere Sortierung hat zur Folge, dass gemischte Rezyklate mit minderer Qualität entstehen.
Verfügbarkeit und Qualität von Rezyklaten
Die Kosten für Rezyklate sind für die meisten Akteure in der Kunststoffbranche kein Hindernis.
Dafür gibt es aber drei andere Problematiken, die den Einsatz erschweren:
- Verfügbarkeit: Auf dem Markt ist schlichtweg zu wenig hochwertiges Rezyklat verfügbar.
- Optik: Die Farbgebung und der Geruch machen recycelte Kunststoffe oft unattraktiv. So lassen sich zum Beispiel reinweiße oder bunte Produkte aus Rezyklat häufig nicht mehr herstellen. Stattdessen haben die Produkte meistens eine gräuliche Färbung.
- Qualität: Viele Rezyklate erfüllen nicht die Anforderungen, die das Produkt stellt. Die Qualitätsmängel können unter anderem die Haltbarkeit oder die Widerstandsfähigkeit betreffen.
Fehlende Informationen
Einem effektiven Kunststoffrecycling stehen Informationsdefizite auf Seiten der Hersteller, der Recyclingunternehmen und der Verbraucher im Weg.
Für uns Hersteller ist oft unklar, welche Qualität Rezyklate haben. Denn in vielen Fällen fehlen verlässliche Angaben zur Reinheit und Beschaffenheit. Hinzu kommt, dass die Verfügbarkeit von recyceltem Kunststoffmaterial intransparent ist und schwankt. Folglich ist Rezyklat mitunter aufwendiger zu beschaffen als neues Material.
Die Recyclingunternehmen wissen häufig nicht, wie gemischte Kunststoffabfälle zusammengesetzt sind und welche Additive sie enthalten. Es gibt nur begrenzte Informationen darüber, wo und in welchen Mengen Abfälle entstehen.
Verbraucher sind eher selten über die Recyclingfähigkeit von Kunststoffprodukten und den enthaltenen Anteil an Rezyklaten aufgeklärt. Auf den Produkten finden sich zwar teilweise Angaben.
Allerdings sind diese nicht einheitlich und nicht immer eindeutig. Steht zum Beispiel auf einem Produkt „kompostierbar“, ist diese Information irreführend. Denn Plastik kann in aller Regel nicht über den heimischen Komposthaufen kompostiert werden.
Downcycling
Eine echte Kreislaufwirtschaft mit geschlossenen Kreisläufen setzt voraus, dass Produkte ohne Qualitätsverlust recycelt werden können. Doch die Realität ist eine andere.
Weil werkstoffliches Recycling mit Qualitätsverlusten verbunden ist, werden Rezyklate oft in Produkten verarbeitet, die geringere Qualitätsanforderungen erfüllen müssen. Solche Produkte sind zudem meist nicht mehr recyclingfähig.
Diese Abwärtsspirale wird als Downcycling bezeichnet.
Bei Verpackungen sieht die Sache anders aus. So darf zum Beispiel für Lebensmittelverpackungen nur Rezyklat verarbeitet werden, das aus Lebensmittelverpackungen gewonnen wurde. Dadurch soll gewährleistet sein, dass es zu keiner Kontamination mit schädlichen Chemikalien kommt.
Folglich ist der Anteil an Rezyklat in der Verpackungsbranche geringer.
Hier gehts zu Teil 2: