Die immer größeren Mengen an Kunststoffen und die Einträge in die Umwelt, die damit verbunden sind, werden zu einem stetig wachsenden sozial-ökologischen Problem.
Denn Kunststoffe können Organismen mechanisch und hormonell schädigen oder Entzündungen hervorrufen. Viele Effekte auf die menschliche Gesundheit sind zwar noch nicht abschließend geklärt.
Aber die Folgen, die bislang bekannt sind, und die möglicherweise bestehenden Risiken sollten schon Grund genug sein, um die Produktion und die Nutzung von Kunststoffen zu reduzieren, damit auf diese Weise auch weniger davon in die Umwelt gelangt.
Ansonsten legt sie den Schwerpunkt in erster Linie auf Maßnahmen, die durch Information und Aufklärung auf das Verhalten von Verbraucher:innen abzielen. Vor dem Hintergrund der produzierten Kunststoffmengen, der vielfältigen Wege und Ursachen, wie diese in die Umwelt gelangen, und der beteiligten Akteure reicht dieser Ansatz aber nicht aus.
Ein nachhaltiger Umgang mit Kunststoffen macht es notwendig, Plastikmüll zu vermeiden.
Das kann zum einen gelingen, indem zum Beispiel für Verpackungen andere Lösungen gefunden, Kunststoffprodukte anders gestaltet und innovative Materialien weiterentwickelt werden. Zum anderen können Mehrwegsysteme, regionale Versorgungssysteme und eine effiziente Kreislaufwirtschaft in die richtige Richtung führen.
Für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen muss die Debatte gesamtgesellschaftlich geführt werden und alle einbeziehen.
Verschiedene sozialwissenschaftliche Projekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurden, haben in mehrjährigen Arbeiten die Thematik rund um Plastik in der Umwelt erforscht. Daraus lassen sich konkrete Ansätze für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen ableiten, die wir in einem zweiteiligen Beitrag zusammenfassen.
Inhalt:
Kunststoffe als komplexes, sozial-ökologisches Thema verstehen
Kunststoffe werden weltweit hergestellt, gehandelt, verwendet und entsorgt. Gleichzeitig setzen sich Kunststoffprodukte aus verschiedenen Grundmaterialien zusammen und sind je nach Anwendungsgebiet sehr langlebig.
Die nachteiligen Auswirkungen werden nicht bewusst wahrgenommen oder billigend in Kauf genommen.
Die Vielfalt der Kunststoffe, die weltweite Verteilung und die Langlebigkeit machen den nachhaltigen Umgang mit den Materialien zu einem komplexen, systemübergreifenden und globalen Thema, das wir als solches verstehen und gemeinsam angehen müssen.
Unkontrollierten Kunststoffeintrag in die Umwelt verringern
Innerhalb des Regelwerks, das aktuell besteht, ist es nicht möglich, den Kunststoffeintrag in die Umwelt in dem Ausmaß zu reduzieren, wie es notwendig wäre.
Dabei entstehen die Einträge durch
- die Nutzung von Kunststoffprodukten, die wie zum Beispiel Gartenfolien, Lacke oder Reifen für die Verwendung im Freien vorgesehen sind.
- das unbemerkte Lösen von Mikropartikeln bei der Verwendung von Artikeln wie Kosmetika oder Kleidung.
- eine unsachgemäße Handhabung oder die falsche Entsorgung von Plastikmüll.
Vorschriften und Regularien helfen an dieser Stelle nur bedingt weiter, weil sowohl die Eintragwege als auch die Verursacher kaum zu identifizieren sind. Sind die Kunststoffteilchen einmal in die Umwelt gelangt, ist es in den meisten Fällen unmöglich, sie wieder herauszuholen.
Damit unkontrollierte Kunststoffeinträge in die Umwelt effektiv verringert werden können, brauchen wir einen anderen, neuen regulatorischen Rahmen.
Die Denkmuster grundsätzlich ändern
Bislang fokussiert sich der Umgang mit Kunststoffen auf die technisch-stoffliche Gestaltung und Zurückholbarkeit der Materialien. Deutlich wird das unter anderem durch Regulierungen wie der SUPD, die sich auf Einzelfälle beziehen, das marktwirtschaftliche Handeln der Unternehmen und die starke Orientierung an technisch basierten Endlösungen.
Es braucht einen Paradigmenwechsel, der auf das reduzierte Einbringen von Kunststoffen in das ökonomische System abzielt und dabei einen ganzheitlichen Blickwinkel einnimmt.
Dazu gehört auch, den Einsatz von Kunststoffen nach dem Prinzip der Vorsorge und Vorsicht zu gestalten. Die unterschiedlichen Anwendungsbereiche sollten proaktiv betrachtet und Alternativen sorgfältig abgewogen werden.
Neue Denkweisen sind auch aus der sozialpolitischen Perspektive notwendig. Denn sowohl global als auch lokal sind oft die Bevölkerungsgruppen, die ohnehin schon benachteiligt sind, von den negativen Folgen der Kunststoffeinträge in die Umwelt besonders stark betroffen.
Damit ein Paradigmenwechsel, der Kunststoffe ganzheitlich betrachtet, gelingen kann, ist der Gesetzgeber gefragt. Er muss einen verbindlichen Rechtsrahmen schaffen, der darauf abzielt, die Kunststoffeinträge in die Umwelt zu reduzieren.
Unternehmen, die wie wir Kunststoffe herstellen oder verwenden, haben zwar verschiedene Initiativen gestartet, die von freiwilligen Selbstverpflichtungen bis hin zu diversen Informationskampagnen reichen.
Trotzdem muss der entscheidende Impuls für eine umfassende und verlässliche Regulierung von der Politik ausgehen.
Der Gesetzgeber muss die zahlreichen Initiativen der unterschiedlichen Akteure koordinieren und sie in einer Gesamtstrategie zusammenführen, die konkrete Maßnahmen vorschreibt und deren Umsetzung auch kontrolliert.
Einen effektiven Instrumentenmix einführen
Eine umfassende Regulierung sollte möglichst alle Akteure, Prozesse und Produkte einschließen, bei denen Maßnahmen gegen einen unkontrollierten Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt greifen können.
Sinnvoll wäre ein Instrumentenmix mit diesen Elementen:
- Instrumente wie Verbote und Gebote, die das Verhalten direkt regulativ steuern
- wirtschaftliche Instrumente, die sich auf die sozial-ökologischen Folgekosten beziehen
- Maßnahmen, die die Handlungsfähigkeit und die Motivation der jeweiligen Akteure stärken
Der letzte Punkt schließt einerseits die Produktion ein, indem die Maßnahmen die Hersteller stärker in die Verantwortung nehmen und gleichzeitig nachhaltige Innovationen fördern. Andererseits betreffen die Maßnahmen die Nutzung, weil die Erkenntnisse überwiegend auf Erkenntnissen aus den Verhaltenswissenschaften basieren.
Hier geht es zu Teil 2: