Thermische Analyseverfahren wie DSC und TGA ermöglichen, Polymermischungen aus Abfällen präziser zu bestimmen. Während DSC die Polymere durch charakteristische Schmelzenthalpien aufteilt, analysiert TGA die Zersetzungstemperaturen und die anteiligen Fremdstoffe. Zusammen liefern diese Methoden eine effektive Lösung, um Rezyklate zu identifizieren und zu optimieren.
Inhalt:
Präzise Analyseverfahren notwendig
Die steigenden Anforderungen an die Qualität von Rezyklaten verlangen zunehmend ausgefeilte Analyseverfahren. Um hochwertige Materialien zu gewährleisten, ist das vor allem im Zusammenhang mit Normen wie der DIN SPEC 91446 relevant. Sie definiert die Qualitätsstandards für Kunststoff-Rezyklate.
Dazu kommen Verordnungen und Richtlinien, die von der Recyclingindustrie fordern, Kunststoffe in größerer Menge und besserer Qualität zurückzugewinnen. Solche regulatorischen Vorgaben sollen die Verwendung hochwertiger Rezyklate fördern.
Gleichzeitig machen sie es notwendig, dass die Industrie präzisere Verfahren anwendet, um die Zusammensetzung von Kunststoffabfällen zu analysieren.
Konventionelle, infrarot-basierte Verfahren, die oft eingesetzt werden, um Kunststoffe schnell zu identifizieren, kommen an ihre Grenzen, wenn komplexe Polymermischungen oder dunkle und stark pigmentierte Kunststoffe bestimmt werden sollen.
Im Unterschied dazu ermöglichen thermische Analysemethoden wie DSC oder TGA tiefere Einblicke in die thermischen Eigenschaften. Deshalb ermöglichen sie, die Zusammensetzung von Rezyklaten effektiv zu bestimmen.
Die dynamische Differenzkalorimetrie (Differential Scanning Calorimetry, kurz DSC)
Die DSC identifiziert thermische Übergänge wie Schmelzen oder Glasübergänge. Dazu misst das Verfahren die Wärmeflussrate einer Probe und gleicht diese mit einer Referenz ab.
Weil solche energetischen Übergänge für bestimmte Polymere charakteristisch sind, können sie genutzt werden, um zu bestimmen, welche Bestandteile eine Mischung in welchen Anteilen enthält.
Ein wichtiger Punkt bei DSC ist, dass die Analyse die Anteile der einzelnen Kunststoffe in Prozent berechnet. Die Basis dafür bildet die gemessene Schmelzenthalpie, die anschließend mit den Referenzenthalpien der reinen Kunststoffe abgeglichen wird.
Dabei spielt der Kristallisationsgrad eines Polymers eine maßgebliche Rolle. Denn die Schmelzenthalpie hängt unmittelbar von der Menge und dem Kristallisationsgrad eines Polymers ab. Entsprechende Berechnungen machen es dann möglich, die Zusammensetzung der Polymermischung genau zu bestimmen.
Dabei werden zwei Ansätze angewendet:
- Wenn das Reinmaterial bekannt ist, lässt sich der Gewichtsanteil des Polymers daraus berechnen, in welchem Verhältnis die gemessenen Schmelzenthalpien der Mischung und des reinen Materials zueinander stehen.
- Beim Recycling ist das Reinmaterial aber selten bekannt. In diesem Fall nutzt die Berechnung zum einen die 100%-Enthalpie der Polymere und zum anderen einen angenommenen Kristallisationsgrad für das jeweilige Material in der Mischung, der für dieses Material typisch ist.
Die beiden Formeln lauten demnach: [Grafik]
Bei vielen Kunststoffen ist bekannt, welche Schmelzenthalpie das vollständig kristalline Polymer hat. Bei PP beträgt sie zum Beispiel 207 J/g und bei PE 293 J/g.
Die thermogravimetrische Analyse (auch Thermogravimetrie, kurz TGA)
Die TGA ergänzt die DSC dadurch, dass sie die Massenänderungen einer Probe im Verhältnis zur Temperatur untersucht. Hilfreich ist das vor allem, um die thermische Stabilität zu bestimmen und Zersetzungsprozesse zu erkennen.
Bis zu welcher Temperatur ein Kunststoff konstant bleibt und ab wann er beginnt, sich zu zersetzen, ist bei den meisten Materialien bekannt.
Durch eine Thermoanalyse lässt sich messen, wann die Zersetzung der Materialien einer Mischung einsetzt. Gleichzeitig können die Materialien in ihrer Zersetzung gut voneinander unterschieden und anhand der ermittelten Temperatur bestimmt werden.
Infrarot-basierte Verfahren
Zwei gängige Methoden, um Polymere schnell zu identifizieren, sind die Nahinfrarotspektroskopie (NIR) und die Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FTIR). Diese Verfahren verwenden spezifische Absorptionsspektren, die gewissermaßen die Fingerabdrücke der jeweiligen Kunststoffe sind.
Dabei ist NIR beim Sortieren von Kunststoffen sehr effektiv. Denn das Verfahren ist einfach anzuwenden und liefert schnelle Ergebnisse. FTIR ermöglicht, die spektrale Analyse detaillierter auszuführen. Dadurch ergeben sich tiefere Einblicke in die chemischen Strukturen der Polymere.
Allerdings bekommen infrarot-basierte Verfahren Probleme, wenn die Polymermischungen komplex sind. Besonders schwierig gestaltet sich die Analyse von Polyolefinen wie PE und PP. Denn die sehr ähnlichen chemischen Strukturen dieser Polymere haben überlappende Absorptionsbanden zur Folge, die eine zuverlässige Unterscheidung sehr schwer machen.
Auch die Analyse von schwarzen oder sehr dunklen Kunststoffen ist nur bedingt möglich. Das liegt daran, dass sie das Infrarotlicht so stark absorbieren, dass eine Messung sehr ungenau wird oder gar nicht möglich ist.
Im Unterschied dazu können DSC und TGA die thermischen und physikalischen Eigenschaften von Kunststoffen besser erfassen und die Anteile in Polymermischungen bestimmen. Gleichzeitig spielt die Farbe der Kunststoffe keine Rolle, weshalb auch schwarze und dunkle Materialien analysiert werden können.
Nachteilig ist aber, dass thermische Analyseverfahren deutlich langsamer sind. Eine DSC-Messung zum Beispiel dauert im Schnitt zwischen zwei und zweieinhalb Stunden. Aus diesem Grund sind nur Messungen im Qualitätslabor, aber keine direkte Einbettung in den Recyclingprozess möglich.
Hinzu kommt, dass oft nur sehr kleine Probenmengen verlässliche Aussagen erlauben und ansonsten mehrere Proben erforderlich sind.
Die Aussichten für die Zukunft
Schon jetzt ist klar, dass das Zusammenspiel aus DSC und TGA effektive Analysen von Polymermischungen aus Abfällen erlaubt. Weil die DSC die Schmelzenthalpie präzise messen und die Komponenten einer Mischung mengenmäßig genau bestimmen kann, ist sie ein wichtiges Werkzeug beim Recycling.
Die TGA liefert detaillierte Angaben zu den Zersetzungstemperaturen, der thermischen Stabilität und den Anteilen der nicht-schmelzenden Bestandteile. Dadurch vervollständigt sie die Analyse. Ein großer Pluspunkt ist auch, dass die thermischen Verfahren unabhängig von der Kunststofffarbe funktionieren.
Es ist davon auszugehen, dass im Bereich der thermischen Analyseverfahren in Zukunft Methoden entwickelt werden, die Polymermischungen noch effizienter und präziser auswerten können.
Die Innovationen werden sich vermutlich darauf konzentrieren, die Messzeiten zu verkürzen, die Probenmengen zu vergrößern oder andere Analyseverfahren zu integrieren. Die konstante Optimierung der Verfahren wird dazu beitragen, dass mehr reine und qualitativ hochwertige Rezyklate entstehen, die wir in einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft verarbeiten können.