Im geschmolzenen Zustand haben Thermoplaste in aller Regel keine geordneten Strukturen. Die Gruppe der flüssigkristallinen Polymere zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass sie im schmelzflüssigen Zustand über kristalline Bereiche verfügt. Dadurch ergibt sich eine niedrige Schmelzviskosität, die durch ihre langen Fließwege ermöglicht, filigrane Elemente zu gestalten.
In unserem Beitrag schauen wir uns die flüssigkristallinen Polymere einmal näher an!:
Was zeichnet flüssigkristalline Polymere aus?
Flüssigkristalline Polymere heißen auf Englisch Liquid Crystal Polymers. Daher kommt die Kurzform LCP. Anders als herkömmliche Thermoplasten besitzen LCP schon im schmelzflüssigen oder gelösten Zustand geordnete, meist kristalline Bereiche. Die Voraussetzung dafür ist, dass lineare, starre oder steife Strukturelemente vorhanden sind. Diese werden als mesogene Gruppen bezeichnet.
Durch die hoch-orientierten Strukturen sind LCP im festen Zustand selbstverstärkend. Insbesondere ihre mechanischen Eigenschaften haben eine starke Richtungsorientierung.
In Richtung der Orientierung sind flüssigkristalline Polymere hochfest und biegesteif. Weil die Kunststoffe recht teuer sind, werden sie in erster Linie dort angewendet, wo wir ihre besonderen technischen und physikalischen Eigenschaften als Hightech-Kunststoffe nutzen können.
Der starre, stabförmige Aufbau in mesogenen Gruppen führt dazu, dass sich die Makromoleküle der LCP schon in der Schmelze oder Lösung zum Beispiel in einer bestimmten Raumrichtung parallel zueinander orientieren. Weil diese Ordnung zwischen dem kristallinen und dem amorphen Zustand liegt, wird sie als mesomorph bezeichnet.
Dabei können die mesogenen Gruppen entweder in der Hauptkette oder in den Seitenketten eingebaut werden. Erfolgt der Einbau der mesogenen Gruppen in die Hauptkette, entstehen Polymere, die besonders vorteilhafte mechanische Eigenschaften haben.
Wenn die Hauptkette aber nur aus mesogenen Gruppen besteht, ergeben sich LCP, die nicht schmelzbar sind und die wir deshalb nur über ihre Lösungen verarbeiten können.
Sind die mesogenen Gruppen hingegen über flexible Abstandshalter mit einer flexiblen Hauptkette verknüpft, weisen diese LCP in ihren Seitenketten interessante elektronische und optische Eigenschaften auf. Dadurch können wir sie als Funktionspolymere einsetzen.
Inhalt:
Welche Eigenschaften haben LCP?
Flüssigkristalline Polymere für die thermoplastische Verarbeitung sind in der Schmelze dünnflüssig. Dadurch können wir kleine Formteile mit dünnen Wandstärken herstellen.
Zu den Pluspunkten von LCP gehören die gute Fließfähigkeit in der Schmelze, die Flammwidrigkeit und die Dimensionsstabilität bei hohen Temperaturen. Außerdem weisen die Polymere chemische Beständigkeit, eine geringe thermische Ausdehnung und gute mechanische Eigenschaften auf.
Bei der Verarbeitung orientieren sich die Moleküle in Dehn- oder Scherströmungen. Daraus ergibt sich eine hohe Richtungsabhängigkeit der Eigenschaften und die Selbstverstärkung in Orientierungsrichtung. Die hohe Zähigkeit und Festigkeit bis 240 MPa, die hohen Elastizitätsmodule bis 40 GPa und die geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, die meist angegeben werden, liegen dabei aber nur in der Orientierungsrichtung der Moleküle vor.
Je nach Formmasse liegt die Langzeit-Formbeständigkeit ohne eine mechanische Belastung zwischen 185 und 250 Grad Celsius.
In einem weiten Temperaturbereich sind flüssigkristalline Polymere beständig gegenüber Hydrolyse, schwachen Säuren und Basen, Alkoholen, chlorierten Kohlenwasserstoffen und allen Chemikalien, die üblicherweise Spannungsrisse auslösen.
Lediglich stark oxidierende Säuren und starke Alkalien sind ausgenommen. Sowohl die Witterungsstabilität als auch die Beständigkeit gegen Gammastrahlen und Kurzwellen sind gut. LCP sind von sich aus flammwidrig und punkten bis auf eine geringe Kriechstromfestigkeit mit sehr guten elektrischen Eigenschaften.
Polymere, die mit Glas- oder Kohlefasern verstärkt sind, haben eine etwas höhere Festigkeit und Steifigkeit. Die Füllung mit Mineralien bewirkt, dass die Spritzgussteile in ihren Eigenschaften weniger richtungsabhängig sind.
Wir mischen LCP in einem Anteil von 5 bis 30 % anderen Thermoplasten bei, um die Fließfähigkeit ihrer Schmelze zu verbessern. Andersherum verringert die Zugabe geringer Mengen anderer Thermoplaste die Richtungsabhängigkeit der LCP.
Für elektronische Anwendungen sind neuere Produkte mit weniger Ionen auf dem Markt. Sie werden zum Beispiel eingesetzt, um Korrosion oder Kurzschlüsse durch elektrisch geladene Teilchen zu verhindern, die bei metallisierten Leiterbahnstrukturen mit engen Abständen an die Oberfläche gewandert sind.
Außerdem verfügen LCP über sehr gute Eigenschaften als Barrieren gegen Gase und Wasserdampf. Das machen wir uns in co-extrudierten Verpackungsfolien zunutze.
Wie werden flüssigkristalline Polymere verarbeitet?
Thermotrope LCP können wir mittels Extrusion, Extrusionsbeschichtung, Spritzgießen und Thermoformen verarbeiten. Außerdem können wir sie mit Ultraschall schweißen, kleben und galvanisch metallisieren.
Die Konstruktion von Spritzgießwerkzeugen muss auf die gewünschte Orientierung abgestimmt sein. Zudem müssen sich die Formen auf höhere Temperaturen aufheizen lassen.
Die Verarbeitungstemperatur von flüssigkristallinen Polymeren bewegt sich in einem Rahmen zwischen 220 und 450 Grad Celsius. Vor der Verarbeitung müssen LCP vorgetrocknet werden.
Die geringe Schmelzwärme führt dazu, dass die Wärmemenge, die beim Erstarrungsprozess abgeführt werden muss, ebenfalls klein ist. Aus diesem Grund geht die Verarbeitung von flüssigkristallinen Polymeren mit kurzen Kühlzeiten und dadurch gleichzeitig kurzen Zykluszeiten einher.
Zu den möglichen Schwachstellen bei der Verarbeitung von LCP gehören die Fließ- und Bindenähte. Die gängigsten Additive, um die Polymere zu modifizieren, sind Glas- und Kohlenstofffasern, PTFE und mineralische Füllstoffe wie Talkum.