Der schnelllebige Markt macht es notwendig, dass sich das Formdesign an die aktuellen Anforderungen der Industrie anpasst. Weil die Lebensdauer von Produkten immer kürzer wird, sind auch im Formenbau innovative Lösungen gefragt. An dieser Stelle kommt die seitliche Spritzgussbearbeitung ins Spiel. Sie kann ein entscheidender Faktor sein, wenn es um komplexe Geometrien und anspruchsvolle Hinterschneidungen geht.
In einem ausführlichen Ratgeber erklären wir, wie die Seitenwirkung beim Spritzgießen verwendet werden kann. Wir erläutern ihre Funktionsweise und zeigen verschiedene Anwendungen.
Also, legen wir los!:
Inhalt:
Was hat es mit der Seitenwirkung beim Spritzgießen auf sich?
Für die Seitenwirkung werden spezielle Einsätze verwendet, die es ermöglichen, komplexe Hinterschnittgeometrien zu erstellen. Hinterschneidungen verlaufen senkrecht zur Haupttrennlinie. Durch Standardformen mit geradem Zug können wir solche Funktionen deshalb nicht anfertigen.
Integrieren wir aber die Seitenwirkung in das Design der Werkzeugform, kann der geschmolzene Kunststoff um den Einsatz herum fließen und so die Hinterschneidung bilden.
Seitliche Bewegungen erlauben komplexe Teilegeometrien und eröffnen dadurch mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Durch ihr Design kann eine Hinterschnittgeometrie berücksichtigt werden, bei der das herkömmliche Spritzgießen an seine Grenzen käme.
Bei Formen mit geradem Zug reicht die Bewegung nicht aus, um hinterschnittene Spritzgussteile auszuwerfen. Die Seitenbewegung überwindet dieses Hindernis. Das erfolgt durch einen nockenbetriebenen Mechanismus, der die Oberflächen der Form zurückzieht und so einen sicheren Auswurf ermöglicht.
Trotzdem sollte die Verwendung von Seitenaktionen gut durchdacht sein. Damit das fertige Teil ausgeworfen werden kann, muss der Einsatz nach dem Formen entweder manuell oder automatisch entfernt werden.
Deshalb gilt zu überlegen, ob eine spezielle Seitenwirkungsform wirklich notwendig ist, oder ob sich das gewünschte Ergebnis nicht auch durch ein anderes Design, zum Beispiel mit Schlitzen, realisieren lässt.
Wie funktioniert die Seitenwirkung beim Spritzgießen?
[Grafik]Mithilfe der Seitenwirkung können wir komplexe Geometrien mit Hinterschneidungen umsetzen, die wir mit einer zweiteiligen Standardform so nicht erreichen können. Die Hinterschneidungen kennzeichnen sich durch Winkel oder Vorsprünge, die nach innen gerichtet sind.
Dadurch machen sie es schwerer, die fertigen Spritzgussteile unbeschadet zu entnehmen.
Um dieses Problem zu lösen, verwenden wir die Seitenwirkung. Dabei greifen seitliche Nocken- oder Gleitbewegungen in die Höhle der Form ein, während diese schließt. Das macht es einfacher, die Bereiche mit Hinterschneidungen zu formen. Winkelstifte sorgen für die präzise Führung.
Die Winkelstifte greifen mit den Einsätzen ineinander und positionieren diese beim Schließen der Form an den vorgesehenen Stellen.
Nach dem Formen werden die Einsätze durch einen mechanischen oder hydraulischen Vorgang kontrolliert zurückgezogen, bevor die fertigen Teile ausgeworfen werden. Ein störungsfreier Auswurf, ohne dass an den Spritzgussteilen Schäden entstehen, ist dadurch gewährleistet.
Gleichzeitig ermöglicht das Verfahren, qualitativ hochwertige Elemente mit komplexen Details effizient zu fertigen.
In welchen Varianten gibt es die Seitenwirkungsformen?
Sind beim Spritzgießen Nebenhandlungen notwendig, spielt der Formtyp eine wichtige Rolle. Die Auswahl des richtigen Mechanismus stellt sicher, dass die Teile in der gewünschten Geometrie entstehen und die Werkzeugkosten gleichzeitig möglichst gering bleiben.
Zu den wichtigsten Varianten gehören dabei diese:
Nocken
Nocken ermöglichen das Öffnen der Form, indem sie die hinterschnittenen Formoberflächen vom Spritzgussteil zurückziehen. Das übliche Design verwendet dabei einen abgewinkelten Stift, der die Bewegung steuert, die der Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit der Form entspricht.
Dadurch wird es möglich, komplexere Geometrien zu gestalten, ohne dass Eingriffe oder Anpassungen von außen notwendig sind.
Mit Nocken können wir anspruchsvolle Details umsetzen und gleichzeitig eine höhere Genauigkeit bei der Teilekonstruktion sicherstellen. Außerdem bewirken Nocken, dass weitere Arbeitsschritte wie eine Nachbearbeitung oder Bohrungen reduziert werden. Dabei ist möglich, Nocken mit anderen Einsätzen wie Hebern oder Schiebern zu verknüpfen.
Wichtig ist aber, den Nockenstift während des gesamten Produktionszyklus stetig zu überwachen. Denn eine übermäßige Belastung kann dazu führen, dass sich der Stift verformt.
Eine gleichbleibende Genauigkeit und Qualität der Spritzgussteile setzen deshalb die regelmäßige Inspektion und Wartung des Nockenstifts voraus.
Anwendungen | Vorteile | Nachteile |
Komplexe Geometrien, Mehrfachformen, Fertigung großer Stückzahlen | Präzise Steuerung, komplexe Bewegungen möglich, lange Haltbarkeit | Hohe Kosten, anspruchsvoller Formenbau |
Heber
Heber sind bei Teilen mit internen Hinterschneidungen und Merkmalen erforderlich, die ohne eine Formschräge freigegeben werden müssen. Das ist zum Beispiel bei Innengewinden oder Vorsprüngen mit einer festgelegten Ausrichtung der Fall.
Durch die Mechanismen der Heber ist ein abgewinkelter Stift überflüssig. Das Risiko, dass sich der Stift verformt, ist dadurch nicht gegeben.
Allerdings kann es notwendig werden, Merkmale wie Formschrägen, Vorsprünge oder Rippen so anzupassen, dass sich der Heber bewegen kann. Außerdem muss die Konstruktion eines Hebers für eine Spritzgussform gut geplant und sorgfältig konstruiert sein.
Auch auf umfassende Tests sollte nicht verzichtet werden. Denn nur wenn der Heber auf die Konstruktion und das Timing der Auswurfplatte abgestimmt ist, ist seine ordnungsgemäße Aktivierung und Rücknahme sichergestellt.
Anwendungen | Vorteile | Nachteile |
Einfache Geometrien, Hinterschnitte, Aussparungen, Bohrungen | Einfaches Design, geringe Kosten, unkomplizierte Wartung | Begrenzte Bewegungsmöglichkeiten, für komplexe Geometrien ungeeignet |
Schieber
Im Unterschied zu Hebern erzeugen Schieber als Seitenwirkung externe Hinterschneidungen. Schieber können in vielen verschiedenen Formen eingesetzt werden, so zum Beispiel als hydraulische, magnetische oder nockenbasierte Systeme.
Spritzgussschieber setzen wir bei Teilen mit komplexen Außengeometrien ein, die freigegeben werden müssen, ohne dass dabei der Hauptkern oder die Kavität beeinträchtigt werden.
Das kann zum Beispiel Außengewinde oder Merkmale mit einer bestimmten Ausrichtung betreffen.
Schieber können dazu beitragen, dass nachträgliche Bearbeitungsschritte überflüssig werden. Allerdings kann es anspruchsvoll sein, die Schieber zu entwerfen.
Wichtig ist außerdem, die Schieber auf andere Mechanismen abzustimmen, um ein ordnungsgemäßes Ein- und Ausrücken zu gewährleisten.
Anwendungen | Vorteile | Nachteile |
Einfache Geometrien, Schlitze, Nuten, Rippen | Sanfte Bewegungen, geringe Reibung, einfaches Design | Begrenzte Bewegungsmöglichkeiten, für komplexe Geometrien ungeeignet |
Abschrauben
Automatische oder manuelle Entschraubungsvorgänge steuern präzise den Ablauf bei der Herstellung von Schrauben oder Gewinden. Das sorgt nicht nur für die Gewindequalität, sondern beugt auch Schäden zwischen den Produktionszyklen vor.
Solche Vorgänge sind für eine konsistente Gewindeproduktion unverzichtbar, auch wenn von Hand hinzugefügte Kerne bei kleineren Stückzahlen die kostengünstigere Alternative sein können.
Das Auswerfen von Spritzgussteilen mit Gewinden wie Schrauben oder Befestigungselementen kann sich schwierig gestalten. Außengewinde, die senkrecht zur Zuglinie verlaufen, können wir problemlos in das Formdesign integrieren.
Im Unterschied dazu machen Innengewinde und Außengewinde, die nicht senkrecht angeordnet sind, einen externen Abschraubmechanismus notwendig. Diesen Mechanismus setzen wir vor dem Spritzen in die Form ein und schrauben ihn anschließend, wenn der Kunststoff ausgehärtet ist, vom fertigen Spritzgussteil ab.
Anwendungen | Vorteile | Nachteile |
Gewindeelemente, Schrauben, Bolzen, Muttern | Präzise Steuerung, lange Haltbarkeit, für komplexe Gewinde geeignet | Hohe Kosten, anspruchsvoller Formenbau |
Zusammenklappbarer Kern
Ein zusammenklappbarer Kern funktioniert ähnlich wie ein Heber und vereinfacht das Lösen von kreisförmigen Hinterschneidungen. Dabei klappt er nach innen zusammen und schafft dadurch den Freiraum, der für den Auswurf des Spritzgussteils benötigt wird.
Während der Fertigung wird das Teil direkt um den Einsatz herum geformt, der sich zusammenzieht, sobald der Kunststoff erstarrt. Dadurch lassen sich sowohl der Einsatz als auch das Teil problemlos aus dem Werkzeug entnehmen.
Ein zusammenklappbarer Kern eignet sich optimal für Teile mit kreisförmigen Hinterschneidungen, Aussparungen und großen Innengewinden.
Anwendungen | Vorteile | Nachteile | |
Komplexe Geometrien mit negativer Formschräge, Löcher, Taschen, Aussparungen | Präzise Steuerung, lange Haltbarkeit, ermöglicht negativen Luftzug | Hohe Kosten, anspruchsvoller Formenbau | |
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